Sabine hat eine wirklich schwere Geschichte: in der Kindheit erlebte sie körperliche und seelische Gewalt, sie wurde emotional vernachlässigt und auch sexuell missbraucht von einem Nachbarn. Sie wurde in der Lehrzeit ausgenutzt und als sie der Enge und Gewalt des Elternhauses entfliehen wollte, kam sie in eine Ehe, in der die Gewalt weiterging. Nach vielen Jahren der Unterdrückung und Demütigung trennte sie sich von ihrem Mann, lebte in einer kleinen Wohnung, hatte Angstzustände und verübte schließlich einen Selbsttötungsversuch. Sie wurde gefunden und ins LSF gebracht, wo sie einige Wochen stationär behandelt wurde. In der Psychotherapie dort war es ihr erstmals möglich, über ihre Erlebnisse zu sprechen, und ihr Therapeut empfahl ihr, eine Traumatherapie zu machen.
So kam sie zu mir.
Sie hatte neben einer schweren Posttraumatischen Belastungsstörung und einer Depression auch noch diverse psychosomatische Probleme: sie hatte häufig Kopfweh, Schmerzen im Bewegungsapparat, Magengeschwüre und Schlafstörungen. Sie war immer in Spannung, weil sie ständig versuchte, das Alte hinter sich zu lassen. Jemandem zu vertrauen fiel ihr schwer, was aus ihrer Geschichte mehr als verständlich war.
In der Therapie arbeiteten wir zuerst daran, Stabilität in ihr Leben zu bekommen. Sabine lernte, zu erkennen, wann sie so sehr unter Druck geriet, dass sie sich etwas antun wollte, und sie lernte Methoden, sich zu beruhigen. Besonders hilfreich waren für sie Atemübungen sowie Entspannungs-CDs. In der Zeit der Therapie war sie zwei Mal stationär im Krankenhaus, weil sie sonst keinen Ausweg mehr fand. Sabine fand Arbeit in einer Betreuungseinheit für Menschen mit psychischen Problemen, sie ging dreimal pro Woche hin und begann vorsichtig, Kontakte zu knüpfen. Wir übten in den Sitzungen, wie sie Menschen ansprechen, wie sie sich aber auch wieder aus einem Gespräch zurückziehen konnte. Mit ihren körperlichen Symptomen lernte sie, besser vertraut zu werden, sie bemerkte früher, wann es für sie zu viel war, wann sie Pausen einlegen musste bzw. wann sie sich Hilfe holen durfte. Sie begann, regelmäßig spazieren zu gehen und Rad zu fahren, sie ernährte sich gesünder, kochte auch regelmäßiger. Sie grenzte sich gegen ihre Mutter und ihre Schwester, die beide sehr fordernd waren, ab und lernte, Nein zu sagen, wenn sie etwas nicht wollte. Sie tat wieder mehr Dinge, die ihr gut taten, nahm Kontakt zu ihrer Nachbarin auf, und gegen Ende der Therapie traf sie sich gelegentlich mit einem Mann, den sie kennengelernt hatte.
Im Laufe der Therapie war ein wichtiger Bestandteil, dass Sabine sich ihrem inneren, verletzten Kind zuwandte, dafür sorgte, dass es alles hatte, was es brauchte und später auch über seine Erfahrungen erzählen konnte. Wir konnten über die Ereignisse sprechen, und dabei waren wir immer darauf bedacht, dass die Gefühle von damals nicht mehr aufkamen sondern das innere Kind gut versorgt “aus der Ferne” zuschauen konnte. Danach nahm Sabine das Kind in ihr Heute mit, “zeigte” ihr ihre momentane Situation, damit das Kind sehen konnte, dass sie jetzt in Sicherheit war, dass also alles gut ausgegangen war. Sabine war etwas über 2,5 Jahre bei mir, mit Pausen, in denen sie im Krankenhaus war. Es geht ihr jetzt viel besser, sie hat keine Depressionen oder Suizid-gedanken mehr, sie hat mehr Kontakt zu Freunden, übt ihre Hobbies gerne aus und hat wieder Freude am Leben.
Leben auch Sie VOR dem Tod!
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