Es gibt eine Neuerung in Marilyns Leben: Sie hat in Aussicht, einer geregelten Arbeit nachzugehen. Nicht als Schauspielerin, das wäre zwar ihr Traum, aber dazu gibt es zu wenig Jobs in diesem Bereich. Sie wird im Verkauf arbeiten, was ihr auch Freude macht. Sie freut sich auf den Kontakt mit den KundInnen, aber wovor sie sich heute sorgt, ist der erste Arbeitstag:
„Ich fürchte mich vor dem Anfangen. Da wird man immer kritisch angeschaut, abgecheckt, und leicht verurteilt. Ich mag das gar nicht. Ich wünschte, ich wäre da cooler. Wenn ich mehr Selbstvertrauen hätte, wäre das viel leichter.“
„Da haben Sie Recht. Was glauben Sie denn, warum Sie so wenig Selbstvertrauen haben?“
„Weil mir immer alle gesagt haben, dass ich zwar schön bin, aber sonst nicht viel kann. Meine Mutter hat oft gesagt: „Aus dir wird nie etwas, du kannst ja nichts“. Und in der Schule war ich auch nie gut. Jetzt bin ich Schauspielerin – das nimmt auch keiner als echten Beruf ernst.“
„Stimmt, das alles macht es schwierig, der Start ist nicht unwichtig. Aber Selbstvertrauen können wir uns nur selbst geben. Sonst würde es ja auch nicht so heißen, oder? Viele Menschen graben sich immer wieder ihr eigenes Selbstwertgefühl ab, indem sie sich und ihre Handlungen nicht wichtig genug nehmen, indem sie sich ständig mit anderen vergleichen – das alles tut niemandem gut.“
„Ja: Selbstliebe! Das habe ich schon gehört, aber das funktioniert bei mir nicht. Ich finde mich einfach nicht besonders gut. Und ich mag nicht so sein, wie ich bin. So unsicher, so ungeduldig, so leicht den Tränen nahe. Ich habe so viele Baustellen in meinem Leben – das kann doch nicht in Ordnung sein.“
„Glauben Sie denn, es gibt Menschen ohne Fehler oder Baustellen?“
„Naja, die anderen schauen schon alle besser aus. Alle schaffen die meisten Dinge in ihren Leben einfach so, ohne sich sehr anstrengen zu müssen. Aber bei mir ist immer alles kompliziert, ständig geht irgendetwas schief. Die Anderen haben ja auch gut funktionierende Beziehungen, die sie einfach gut machen. Bei mir ist das nie so. Ich kann mein Leben zusammenfassen mit: „Nun, das lief nicht wie geplant.“
Wir sprechen ein wenig darüber, wie es gelingen kann, sich selbst mehr zu schätzen und sich weniger zu vergleichen: jeder Mensch hat seine Prioritäten an anderen Stellen, ich zB. könnte mich nur mit einer Frau vergleichen, die genau gleich alt ist wie ich, dieselben Erlebnisse gehabt, die gleichen Filme gesehen und Bücher gelesen hat. Deren Erfahrung sich haargenau mit der meinen deckt – nur die wäre ernsthaft in der Lage, mit mir verglichen zu werden. Da es aber niemanden gibt, die all die Jahre „in meinen Schuhen gegangen“ ist, kann ich mich nur mit mir selbst vergleichen. Und selbst das ist nicht fair: denn ich bin heute eine Andere als gestern.
Ich weiß nicht, wie man sich altersgemäß benimmt
– ich war noch nie in meinem Alter.
13. Oktober 2017 um 17:46 |
Schmunzel. … weicht einem Fragezeichen- Sich als Therapeutin MM selbst zu wählen ist spannend, wenn man weiß, dass die „Geschichte“ mit Selbstmord endet…