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Beziehungs-ABC: XY wie „Diese Sache mit den Chromosomen“

27. Mai 2019

XY oder „Diese Sache mit den Chromosomen“

Was ist typisch für wen? Wie verhält sich eine Frau / ein Mann? Wir sind viel zu schnell dabei, ein Verhalten oder ein Aussehen einem Geschlecht zuzuordnen, und es ist umgekehrt oft schwer, es nicht zu tun. Aber es wird nie jemandem gerecht.

Auf der einen Seite nicht, weil es weder ein typisch weibliches, noch ein typisch männliches Verhalten gibt (alle LGTBQ fallen sowieso da nicht automatisch hinein), und auf der anderen Seite nicht, weil jeder Mensch einzigartig ist: eine wunderbare Mischung verschiedener Eigenschaften.

Denn es gibt Menschen, die sind zärtlich, liebevoll, emotional, fürsorglich, empathisch und warmherzig. Es gibt Menschen, die sind effizienzorientiert, strukturiert, rational, durchorganisiert, zielstrebig. Es gibt Menschen, die sind musikalisch, spirituell, kreativ und Menschen, die sind knallhart, kühl und logisch. Es gibt Menschen, die sind gut und solche, die das nicht sind. Es gibt hinterlistige Menschen und solche, die offen sind wie ein Buch. Es gibt Menschen, die grausam sind und gewalttätig, und solche, die sich mit allen Mitteln für Frieden und Verständigung einsetzen.

Und all das hängt weder vom Geschlecht ab, noch von den Genen oder sonstigen von der Natur vorgegebenen „selbstverständlichen“ Dingen. Die Grenze zwischen all diesen Eigenschaften geht also weder durch die Geschlechter noch die sexuelle Orientierung, denn sie geht gar nicht zwischen den Menschen hindurch. Die Grenze verläuft innerhalb der einzelnen Menschen, durch die Herzen und Köpfe der Einzelnen.

JedeR von uns kann alles sein, und ist es auch immer wieder. Klar, wir haben Eigenschaften, die wir öfter anwenden und andere, die wir nicht so oft benutzen. Manchmal sind wir richtig gut, da sind wir stolz auf uns selbst. Und manchmal sind wir gemein und böse, auch wenn wir das nicht so gerne an uns haben.

Es ist schön, dass es diese große Vielfalt gibt, die uns alle einzigartig macht. Niemand hat das Recht, sich mit anderen Menschen zu vergleichen, weil wir immer nur einen kleinen Teilaspekt mit anderen gemeinsam haben. Auf diesem kleinen Teilaspekt kann man sich vergleichen, aber dann bleiben noch die vielen, unendlich vielen anderen, die wir gar nicht mit diesem einen Menschen teilen. Es gibt also Eigenschaften, die wir haben, die andere Menschen auch haben, aber niemals alle. Das ist das Wunder der Vielzahl!

„Es gibt dich, es gibt mich. Und dass ich eine Frau bin, bedeutet nicht, dass du irgendetwas über mich weißt, über meinen Charakter, meine Fähigkeiten, meine Vorlieben, meine Eigenarten. Du musst mich kennenlernen, damit du weißt, welche spezielle Mischung aus all den möglichen Eigenschaften der Menschen die meinen sind!“ Das ist die Einladung und das große Abenteuer von Beziehungen!

Beziehungs-ABC: F wie Fraulich

12. November 2018

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F wie Fraulich.

Ich bin eine Frau. Stimmt. Aber woher weiß ich das eigentlich?

Weiß ich es, weil ich meinen Körper mit den von anderen Menschen verglichen habe und bemerkt: ich habe Brüste und eine Vagina, ich kann Kinder gebären und stillen? Also: weiß ich, dass ich eine Frau bin, weil ich einen Frauenkörper habe? – Was ist dann mit all den Menschen, die sich im falschen Körper befinden oder deren Körper nicht eindeutig einem Geschlecht zuzuteilen sind? Sind das dann keine „richtigen“ Frauen?

housewife-23868_640Oder weiß ich es, weil mir von klein auf gesagt wurde, dass ich ein Mädchen bin, später eine Frau? Also dadurch, dass ich von außen diese Rückmeldung bekommen habe, und dass ich als Kind Puppen bekommen habe und – anders als meine Brüder – im Haushalt mitarbeiten sollte? Also: weiß ich, dass ich eine Frau bin, weil es mir die Umgebung gesagt und mich als solche erzogen hat? – Was ist dann mit all den Frauen, die sich an diese Rollenstandards nicht halten wollen? Sind das dann keine „richtigen“ Frauen?yin-2730344_640

Weiß ich es vielleicht, weil ich mich (meistens) von Männern angezogen fühle, weil ich mit Männern verheiratet bin/war oder von Männern begehrt und als Partnerin gewählt wurde? Also: weiß ich es aufgrund meiner sexuellen Orientierung? – Was ist dann mit all den Frauen, die sich da nicht eindeutig zuordnen wollen, die auf Frauen stehen oder die vorziehen, gar nicht in Partnerschaften zu leben? Sind das dann keine „richtigen“ Frauen?

Oder weiß ich es, weil ich mich als emotional sorgend, emphatisch und fürsorglich empfinde? Weil ich vielleicht Multitasking kann oder ich alles Niedliche und Kleine mütterlich umsorgen will? Also: weiß ich, dass ich eine Frau bin, weil ich emotionale Intelligenz habe? – Was ist dann mit all den Frauen, die andere emotionales Rüstzeug bekommen haben? Sind das dann keine „richtigen“ Frauen?

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Wieso wissen Sie, dass Sie (oder Ihre Partnerin) eine Frau ist? Woran machen Sie es fest? Ich lade Sie ein, darüber nachzudenken, denn es ist keinesfalls so einfach, wie man normal denkt. Sobald man sich darüber Gedanken darüber macht, werden alle Zuschreibenden willkürlich und fließend.

Maria Theresia H: Was darf ich verlangen?

15. Januar 2018

Willkommen zurück bei den Therapien meiner (erfundenen) KlientInnen. Über Weihnachten ist einiges geschehen, und ich hoffe, Sie sind auch daran interessiert, wie es unseren KlientInnen geht. 

Wir beginnen mit Maria Theresia H. Die 6m hohe Statue am Maria-Theresien-Platz erinnert an die Kaiserin, die in Wien von 1740 bis 1780 regierte, Österreich

 

Sie hat im Dezember ein Angebot für einen Job bekommen, der sie sehr interessiert. Es ist ein eindeutiger Aufstieg, und genau die Arbeit, die ihr immer schon vorgeschwebt ist. Aber es inkludiert, dass sie noch weniger Zeit für die Familie. Das belastet sie, denn ihre Kinder sind ihr sehr wichtig, ihr ist bewusst, dass die Zeit, die sie mit ihnen hat, nur recht kurz ist.

„Ich bin ziemlich sicher, dass ich es trotzdem machen will. Finden Sie das zu egoistisch? Darf ich von den Kindern verlangen, dass sie jetzt jeden Tag fremdbetreut sind? Ich habe überlegt, die Omas einzuschalten, um ein bisschen Konstanz in ihre Leben zu bringen.“

Was sagen die denn dazu? Die waren ja, soviel Sie mir erzählt haben, zum Kinderschauen nur sporadisch bereit. Hat sich das geändert?

for-reading-813666_640Nein, aber ich würde das fair finden. Meine Mutter war nie eine gute Mama für mich, sie könnte doch wenigstens eine gute Oma für die Kinder sein. Und für die Schwiegermama bügle ich seit vielen Jahren mit, das könnte sich auch einmal lohnen.“

Ich verstehe den Wunsch, aber ich wäre da lieber vorsichtig. Wichtig ist wohl, dass die Kinder eine möglichst konstante Betreuung haben, damit sie sich in Ruhe auf etwas einstellen können. Wenn Sie mit Ihrer Mama und Schwiegermutter eine Rechnung offen zu haben glauben, dann sollte das nicht auf dem Rücken der Kinder ausgetragen werden, oder?

gender-pay-gapMaria Theresia überlegt dann noch, wie sie in das Vorstellungsgespräch gehen soll. Besonders das Thema Gehalt ist für sie, wie für viele Frauen leider immer noch, ein schwieriges. Ich ermutige sie, viel zu verlangen, schließlich ist sie wirklich qualifiziert für den Job. Wir einigen uns darauf, dass sie sich gut erkundigen wird, wie viel in dem Job üblicherweise bezahlt wird, damit sie wenigstens eine Ahnung von der Marktlage hat. Es kostet sie Mut, das zu verlangen. Ich bin gespannt, wie gut es ihr gelingen wird bei dem Gespräch, das sie in der kommenden Woche haben wird.