Posts Tagged ‘Frauenbild’

Beziehungs-ABC: F wie Fraulich

12. November 2018

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F wie Fraulich.

Ich bin eine Frau. Stimmt. Aber woher weiß ich das eigentlich?

Weiß ich es, weil ich meinen Körper mit den von anderen Menschen verglichen habe und bemerkt: ich habe Brüste und eine Vagina, ich kann Kinder gebären und stillen? Also: weiß ich, dass ich eine Frau bin, weil ich einen Frauenkörper habe? – Was ist dann mit all den Menschen, die sich im falschen Körper befinden oder deren Körper nicht eindeutig einem Geschlecht zuzuteilen sind? Sind das dann keine „richtigen“ Frauen?

housewife-23868_640Oder weiß ich es, weil mir von klein auf gesagt wurde, dass ich ein Mädchen bin, später eine Frau? Also dadurch, dass ich von außen diese Rückmeldung bekommen habe, und dass ich als Kind Puppen bekommen habe und – anders als meine Brüder – im Haushalt mitarbeiten sollte? Also: weiß ich, dass ich eine Frau bin, weil es mir die Umgebung gesagt und mich als solche erzogen hat? – Was ist dann mit all den Frauen, die sich an diese Rollenstandards nicht halten wollen? Sind das dann keine „richtigen“ Frauen?yin-2730344_640

Weiß ich es vielleicht, weil ich mich (meistens) von Männern angezogen fühle, weil ich mit Männern verheiratet bin/war oder von Männern begehrt und als Partnerin gewählt wurde? Also: weiß ich es aufgrund meiner sexuellen Orientierung? – Was ist dann mit all den Frauen, die sich da nicht eindeutig zuordnen wollen, die auf Frauen stehen oder die vorziehen, gar nicht in Partnerschaften zu leben? Sind das dann keine „richtigen“ Frauen?

Oder weiß ich es, weil ich mich als emotional sorgend, emphatisch und fürsorglich empfinde? Weil ich vielleicht Multitasking kann oder ich alles Niedliche und Kleine mütterlich umsorgen will? Also: weiß ich, dass ich eine Frau bin, weil ich emotionale Intelligenz habe? – Was ist dann mit all den Frauen, die andere emotionales Rüstzeug bekommen haben? Sind das dann keine „richtigen“ Frauen?

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Wieso wissen Sie, dass Sie (oder Ihre Partnerin) eine Frau ist? Woran machen Sie es fest? Ich lade Sie ein, darüber nachzudenken, denn es ist keinesfalls so einfach, wie man normal denkt. Sobald man sich darüber Gedanken darüber macht, werden alle Zuschreibenden willkürlich und fließend.

Maria-Theresia: Mein „Baby“ kommt in die Schule!

11. September 2017

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Maria-Theresia hat zwei Kinder: Josef ist 9, Marie-Antoinette ist 6 Jahre alt. Josef kommt in die 4. Klasse, Marie-Antoinette wird heute eingeschult. Diese Einschulung, und damit der Abschied vom Kleinkindesalter hat Maria Theresia in den letzten Wochen sehr zu schaffen gemacht: ihre Kinder werden groß!

Auf der anderen Seite freut sie sich darüber, dass die beiden im Hort gut aufgehoben sind – das macht der ganzen Familie das Leben etwas leichter, weil es weniger Aufwand bedeutet. Franz-Stefan ist es, der die beiden meist abholt, da Maria-Theresia um diese Zeit noch in der Arbeit ist. Er kauft dann ein und versorgt die Kinder, zum Essen kommt Maria-Theresia aber meistens heim. Diese gemeinsamen Abendessen genießt sie sehr. Aber das Schulthema plagt sie:
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„Ich habe das Gefühl, dass mir die Zeit durch die Finger rinnt. Ich kann gar nicht glauben, dass die kleine Marie-Antoinette schon in die Schule kommt. Es fühlt sich so an, als ob ich sie erst gestern geboren hätte.“

„Wie fühlt sich das an? Was für ein Gefühl bekommen Sie dabei?“

„Es macht mich traurig. Weil ich mir vorstelle, dass sich die Kinder immer weiter von mir entfernen. Ich frage mich, ob ich ihnen genug gegeben habe, ob ich nicht etwas versäumt habe. Eines Tages werden sie ausziehen, und ich habe nicht genug Zeit mit ihnen verbracht. Ich habe Angst, dass sie mir das einmal vorwerfen können.“

„Wie kommen Sie denn auf die Idee, dass sie nichts versäumt haben könnten? Ist es nicht immer so, dass wir einander irgendetwas schuldig bleiben? Ich finde das nicht dramatisch. Was Kinder brauchen, ist nicht, dass wir viel mit ihnen unternehmen, sondern dass sie gut aufgehoben sind und von uns geliebt werden. Und ist Zeit überhaupt eine Einheit, in der Liebe gemessen werden kann?“

„Nein. Wenn ich an unsere Ehe denke, ist sie gut, obwohl wir nicht viel Zeit miteinander haben. Da fühle ich mich geborgen, wenn ich abends an seiner Schulter liegen kann, wenn er meinen Rücken streichelt und wir ein bisschen plaudern können. Das ist für mich Liebe. Und für Franz-Stefan ist es gut, wenn ich ihn kurz berühre, ihn beim Vorbeigehen küsse – da fühlt er sich von mir geliebt. Stimmt: es ist nicht die Länge der Zeit sondern die Intensität.“

grass-2563424_1280„Und die Kinder? Bekommen die genug Intensität – „quality time“, wie das heute heißt? Fühlen sich Ihre Kinder bei Ihnen geborgen, geliebt?“

„Marie-Antoinette will unbedingt groß und unabhängig sein, aber am Abend hat sie es gerne, wenn man sie ins Bett bringt und dann noch eine Zeitlang bei ihr am Bett sitzt und über den Tag plaudert. Und Josef liebt es, wenn er von seinen Abenteuern mit seinen Freunden erzählen kann. Und wenn wir dann seine gefühlten 1000 Fotos anschauen, die er gemacht hat. (Lacht) Ja, denen geht es ziemlich gut. Das stimmt.“

„Jetzt müssen wir uns noch anschauen, wie es Ihnen damit geht, dass die Kinder Sie nicht mehr so brauchen. Wie ist das für Sie?“

„Ach, ich finde das toll. Ich bin nicht so eine Baby-Mama, ich mag gerne, wenn die Kinder alleine ins Auto einsteigen können und sich auch selbst beschäftigen. Ich finde es super, mit den Kindern halbwegs normal reden zu können und nicht mehr stundenlang auf dem Boden mit Playmobil spielen zu müssen. Und ich bin froh, dass sie nicht mehr so viel Betreuung brauchen. Dass ich mit Franz-Stefan mal sitzen kann und auch tagsüber reden, wenn die Kinder spielen. Das ist gut für mich, ja.“

Wie es Maria-Theresia heute bei der Einschulung auf dieses Gespräch hinauf geht und welche Themen sie sonst noch beschäftigen, erfahren wir alle, wenn sie das nächste Mal in Therapie kommt. In vier Wochen erzähle ich wieder von ihr. 

 

Margarete fühlt sich überflüssig

30. August 2015

childs-room-536936_1280Margarete ist 46 Jahre, sie ist verheiratet und hat zwei Töchter: 24 und 19 Jahre. Sie hat ganz für die Kinder und den Mann gelebt, was das Herz und die Seele der kleinen Familie. Sie selbst kommt aus einer sehr kinderreichen Familie, sie hat 5 Geschwister, die allerdings ziemlich in der Weltgeschichte verstreut leben, nur ein Bruder, Single und kinderlos, lebt hier in Graz in ihrer Nähe. Ihre Kinder, oft krank, besonders die Ältere, haben viel von ihrer Fürsorge gebraucht, sie war mit ihnen bei Ärzten und in Krankenhäusern, hat sich um die Ernährung und Freizeit gekümmert, und sie hat es geliebt, das zu tun.

Das ist jetzt alles anders: die jüngere Tochter lebt bei ihrem Freund und hat ein Baby, und die ältere wohnt zwar offiziell noch zuhause, ist aber selten daheim. Ihr Mann Erich arbeitet viel, und so kommt es, dass Margarete auf einmal sehr viel alleine ist. Und sie weiß nicht, was sie mit sich anfangen soll.

nest-523545_1280Das ist eine Phase, die wir “Leeres-Nest” nennen, und sie kommt bei den meisten Eltern irgendwann. (Wenn sie nicht kommt und die Kinder bleiben, ergeben sich andere Probleme…) Und das leere Nest betrifft vor allem die Frauen, wenn sie sich sehr für die Familie engagiert haben. (Die Männer trifft es dann später mehr, wenn sie in Pension gehen.)

Was soll ich mit mir anfangen? Wie beschäftige ich mich sinnvoll? Gehe ich zurück in die Arbeit – werde ich noch einen Job finden, in meinem Alter und mit meiner geringen Erfahrung? Soll ich mich ehrenamtlich engagieren, im Chor singen, zum Sport gehen, eine Ausbildung machen?

Es gibt auf diese Fragen Antworten, aber wir finden sie gewöhnlich nicht gleich. Erst müssen wir durch diese Zeit durch, und sie ist nicht leicht. Aber ich kann Ihnen versichern: sie geht vorbei! Wir finden etwas Neues, Interessantes, und kommen drauf, dass das Leben noch viel mehr zu bieten hat als Sorge um die Familie.

Wenn Sie dieses Phänomen selbst kennen oder von jemandem wissen, der/die es hat, dann zögern Sie nicht, mich zu kontaktieren. Ich helfe Ihnen oder Ihren Bekannten durch diese Phase, nehme mir viel Zeit, um das Alte zu betrauern und das Neue zu finden. Machen Sie einen Termin aus, ich freue mich darauf, mit Ihnen darüber zu sprechen!

Fallbeispiel: Sandra hat Bulimie

17. August 2015

sprouts-517349_1280Sandra leidet seit langem unter einer Essstörung. Sie ist 36 Jahre alt und hat seit ihrem 14. Lebensjahr unterschiedlich häufig Bulimieanfälle. Zeitweise mehrmals am Tag, dann wieder phasenweise so selten, dass sie die Hoffnung hat, es hätte aufgehört. Aber wenn ihr etwas über den Kopf wächst, etwas zu viel, zu anstrengend, zu unangenehm wird, beginnt sie zu essen, und dann bricht sie, aus schlechtem Gewissen. Das hilft meistens. So etwa 20 Minuten…

Sie kommt zu mir in Therapie, weil sie so nicht mehr weitermachen möchte. Sie hat schon mehrere Therapieversuche hinter sich, die sie alle nur kurz durchgehalten hat. Aber jetzt, sagt sie, möchte sie es „für sich“ machen.

Therapie-Beginn:

Das ist eine gute Voraussetzung, und so beginnen wir damit, Sandras Umgang mit sich selbst zu verbessern. Wir suchen Körperregionen, die sie nicht „hasst“. Sie findet ihre Haare gut, ihre Hände gefallen ihr und sie mag ihre Muskulatur. Sie lernt, diese Regionen auszunehmen, wenn sie Anfälle hat, in denen sie „nichts an sich ausstehen kann“.

Dann wenden wir uns ihrer Persönlichkeit zu, sie merkt, dass sie auch an ihrem Charakter Züge gerne hat: sie ist lustig und umgänglich, verlässlich und immer nett zu den Gästen in dem Hotel, in dem sie als Rezeptionistin arbeitet. Sie beginnt, sich freundlicher zu betrachten und stoppt sich, wenn sie auf sich losgehen will.

Arbeit an der Biographie:

Bei der Arbeit an ihrer Biographie erkennen wir, dass in ihrem Elternhaus Männer und Buben mehr gegolten haben als Frauen und Mädchen, das ging von beiden Elternteilen aus. Die Mutter war selbst nicht sehr feminin und bevorzugte den Bruder deutlich. Der Vater war zu beiden Kindern streng, mochte aber den Bruder anscheinend auch lieber, da er mit ihm “Männersachen” machen konnte. Eine Frau zu werden war also nicht leicht für Sandra, und so beschäftigen wir uns mehrere Monate mit diesem Thema, zu dem sowohl das Frauenbild als auch Sexualität und Beziehungsgestaltung gehören. Sandra hatte mehrere, nicht allzu lange Beziehungen, die sie meist von sich aus abgebrochen hat.

Gleichzeitig suchen wir nach Strategien, mit Unwohlsein so umgehen zu lernen, dass ein Essanfall nicht notwendig wird, und falls es doch zu einem gekommen ist, sich dafür nicht zu bestrafen sondern besonders liebevoll mit sich umzugehen. Das fällt Sandra, wie vielen Menschen, nicht leicht, aber mit der Zeit gelingt es ihr immer besser.

weiter in Therapie…

Sandra ist noch immer in Therapie, wir arbeiten seit etwa einem Jahr miteinander, und ihr Zustand hat sich deutlich gebessert. Aber sie wird noch eine Weile weiterkommen, da bei einem Problem, das über so lange Zeit besteht, die eingefahrenen Muster sehr tief und nicht leicht zu ändern sind. Aber sie ist auf einem sehr guten Weg, sie geht liebevoller mit sich um, kann ihre Fehler leichter wegstecken, ist dabei, einen für sie guten Umgang mit ihrer Familie zu finden und hat seit einigen Wochen einen Freund, mit dem sie sich gut versteht, aber wo sie auch immer wieder Nein sagen kann, wenn sie es braucht.

Sie geht einen guten Weg, sie wird es schaffen!

Wenn Sie in einer ähnlichen Situation feststecken, dann lassen auch Sie sich helfen! Essstörungen sind hartnäckig, und nur wenige Menschen schaffen es ohne professionelle Unterstützung, sich daraus zu befreien. Kommen Sie zu einem Erstgespräch vorbei, rufen Sie mich an, oder machen Sie online einen Termin aus. Ich freue mich darauf, Sie kennenzulernen!

(P.S. Sandra heißt natürlich nicht wirklich so, ihre Daten sind so weit verändert, dass sie nicht zu erkennen ist. Oder so, dass jedeR sich darin ein Stück weit erkennen könnte…)