Archive for Februar 2018

Marilyn: We´re not married.

26. Februar 2018

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Marilyn hat, wie Sie sich vielleicht von der letzten Eintragung erinnern, ihre Beziehungsfähigkeit massiv in Frage gestellt. Das hat sie sehr verunsichert, aber letztendlich ist sie zu einer Entscheidung gekommen.

broken-1739128_640„Ich werde die Beziehung zu John F. beenden. Das hat keine Zukunft und tut mir auch gar nicht gut. Ich will nicht immer darauf warten, dass er sich vielleicht endlich einmal meldet. So kann ich nicht mehr. Und dann bin ich auch nicht frei, jemand anderen zu suchen.“

Sie werden die Beziehung beenden? Wie möchten Sie das machen?

„Ich lasse es einfach auslaufen. Wenn er anruft, gehe ich nicht ans Telefon. Dann wird er schon merken, dass es vorbei ist.“

Wenn ich mich richtig erinnere, haben Sie das zwischendurch auch gelegentlich gemacht. Damals hat es dazu gedient, dass er sich mehr um sie bemühen musste. Wie wird er merken, dass es diesmal anders ist?

„Das wird er schon merken. Wenn ich einfach nie zurückrufe, wird er es wohl verstehen.“ 

portrait-119851_640Wäre es nicht deutlicher, wenn Sie ihm Ihre Entscheidung mitteilen würden? Damit Sie sich beide auskennen? Sonst ist es für Sie doch sehr schwer, wenn er immer anruft und dann liebe SMS schreibt, weil er denkt, es ist dasselbe wie früher. Werden Sie dann nicht leichter umfallen von Ihrem Entschluss?

„Nein, diesmal nicht. Da bin ich ganz sicher. Diesmal ist es anders. Ich weiß, dass er sich um mich bemühen wird, dass er vielleicht sogar vor meiner Türe stehen wird, aber ich werde standhaft bleiben und ihn wieder wegschicken.“

Ich hoffe für Marilyn, dass das klappen wird. Sehr sicher scheint sie noch nicht zu sein, dass sie es (diesmal wirklich) durchziehen wird, aber das macht nichts. Es geht ihr besser mit dem Entschluss, und auch wenn sie angesichts seiner erwarteten Bemühungen noch einmal schwach werden sollte, scheint es mir so zu sein, als ob sie sich etwas selbstbewusster für sich selbst entschieden hat und ihr ihr eigenes Wohlbefinden immer wichtiger wird. Die Richtung ist gut.

Maria Theresia: Rückblick auf die Jugendjahre

19. Februar 2018

M.Th.jung

Maria Theresia hat den Job bekommen, den sie sich gewünscht hat. Schon seit Mitte Januar arbeitet sie in der neuen Stelle, und sie hat viel Freude damit. Schwierig wird es für sie nur, wenn sie (wieder) Aufträge bearbeiten muss, die ähnlich sind wie die, wegen denen sie die alte Arbeit aufgegeben hat.

„Ich fühle mich dann extrem unwohl und überlege, was ich falsch mache, dass ich in solche Situationen komme. Ich verstehe, dass ich mir nicht immer aussuchen kann, was ich mache, aber bei solchen Aufträgen bekomme ich beinahe Panikanfälle.“

Was genau ist das Beklemmende daran?grid-479620_640

„Ich habe den Eindruck, dass ich genauso feststecke wie früher. Da fühle ich mich wieder in eine Rolle gepresst, die ich nicht erfüllen mag, die mich einengt und zu etwas zwingt, das mir nicht liegt. Ich fühle mich wie Anfang 20, da war das besonders schlimm.“

Und was ist der Unterschied zu Anfang 20? Außer, dass beinahe 20 Jahre inzwischen vergangen sind?

„Na, viel. Aber in diesen Situationen vergesse ich das und fühle mich genauso wie früher: klein, dumm, abhängig, ausgeliefert an ein System, das mich zwingt.“

Ja. Damals waren Sie sehr jung, sehr unsicher. Wussten noch nicht, dass Sie eines Tages dort sein werden, wo Sie jetzt sind: in einer führenden Position, zufrieden sowohl im beruflichen wie im privaten Leben. Das Problem ist, dass sich Dinge, die wir nicht gut verarbeitet haben, wie in einen Kokon einigeln und dann bei Situationen, die ähnlich sind, wieder heraus“springen“ und wir den Eindruck haben, es ist keine Zeit vergangen und wir sind wieder in derselben Lage wie damals.

„Genau so fühlt es sich an: als ob ich klein und dumm wäre. Und später, wenn es vorbei ist, wundere ich mich darüber, wie ich so unreif reagieren konnte. Ich ärgere mich dann darüber, dass ich mich nicht an meine Fähigkeiten erinnert habe.“

teddy-1113160_640Wie wäre es, wenn Sie sich einmal der jungen Frau  die Sie damals waren, innerlich zuwenden und ihr zeigen, wer Sie inzwischen sind. Die weiß ja gar nicht in ihrem Kokon, dass wir schon das Jahr 2018 schreiben. Die denkt immer noch, wie sind irgendwo in den 1990er Jahren und die Situation wird sich nie ändern. Erzählen Sie sich selbst, dass es gut ausgegangen ist, dass Sie erfolgreich sind, dass Sie einen lieben Mann, zwei Kinder und ein eigenes Haus haben und in vielen Bereichen total selbständig entscheiden können.

„Klingt irgendwie komisch, aber Sie haben Recht: diese 20-Jährige weiß das wohl nicht. Aber mit mir selbst reden – ist das nicht schizophren?“

Nein, wenn man mit sich selbst freundlich ist, ist das nicht schizophren sondern ausgesprochen gesund. Und wenn Sie nicht laut und in der Öffentlichkeit mit sich selbst reden, werden Sie auch nicht im Krankenhaus landen. :)))

Maria Theresia ist von der Idee angetan und verspricht, es auszuprobieren. Es ist wichtig, dass unsere jüngeren Anteile, die Angst erlebt haben und sich deshalb so oft als möglich irgendwo in unserem Inneren verstecken (und bei den unpassendsten Gelegenheiten zu Tage kommen) erfahren, dass unser Leben weitergegangen ist und dass wir jetzt in der Lage sind, selbst zu entscheiden, wie wir reagieren mögen. Ich bin gespannt, wie gut es Maria Theresia gelingen wird, diesen Anteil in sich zu beruhigen und welche Auswirkungen das auf ihr Leben haben wird. 

 

Jean-Paul S.: Zeit zum Reifen

5. Februar 2018

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Jean-Paul war, wie Sie sich vielleicht erinnern, für eine Zeit im Krankenhaus. Da er zum Zeitpunkt der Aufnahme in einem sehr schlechten Zustand war, blieb er etwas mehr als drei Wochen im Spital.

Wenn Sie heute – ca 1,5 Monate später  – darauf zurück schauen:  wie denken Sie darüber?

„Ich bin froh, dass ich dort war. Es ist mir zwar nicht leicht gefallen, mir einzugestehen, dass ich auf die Psychiatrie muss, aber eine kleine Stimme in mir hat das sehr richtig gefunden, und so hatte ich den Mut, es mir zu erlauben. Ich habe dort viel über mich nachgedacht, und das war richtig gut.“

black-and-white-1278713_640Worüber haben Sie nachgedacht?

„Über den Sinn meines Lebens. Über das, was mir wichtig ist. Warum ich mich jeden Tag so abmühen soll. Mir ist klar geworden, dass ich eines Tages wirklich sterben werde, und dass ich nicht auf mein Leben zurückschauen und es für sinnlos und leer halten will. Ich habe mir überlegt, dass mein Problem nicht ist, dass ich überhaupt NICHT leben will – ich will nur nicht SO leben wie bisher, so bedeutungslos.“

Ist es das, was Sie mit „erbärmlich“ gemeint haben, bevor Sie ins Krankenhaus gegangen sind? 

„Ja, so ist es. Ich will meinem Leben einen Sinn geben. Ich will nicht einfach nur so dahinleben: arbeiten, essen, schlafen. Ich will stolz sein auf mich. Ich will auf mein Leben schauen und sagen können: das ist gut, es ist meines!“

Was wäre denn ein erster Schritt in diese Richtung?

man-3085686_640„Ich will aufhören, mit Simone eine leere Beziehung zu führen. Wir haben begonnen, viele Gespräche zu führen, wie wir das verändern können. Ich bin noch nicht sicher, ob es uns gelingen wird, aber wenn alle Stricke reißen, werden wir uns trennen. Wir machen einander zur Zeit gegenseitig unglücklich, das kann nicht so bleiben. Wir sind auf der Suche.“

Ich gratuliere Jean-Paul zu seinem Entschluss, sein Leben in die Hand zu nehmen, und wir reden eine ganze Weile darüber, wie er das tun kann. Wichtig scheint mir die Erkenntnis zu sein, dass es in seiner Hand liegt, dem Leben einen Sinn zu geben. Aber ich bremse ihn auch etwas in seinem Enthusiasmus: er soll sich nicht zu viel auf ein Mal vornehmen, um sich nicht zu erschöpfen.