Archive for August 2018

Sommerreihe 2018: nach Lust und Laune 9: Trauer – Scheiden tut weh.

27. August 2018

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Trauer: Scheiden tut weh!

„Winter ade. Scheiden tut weh. Aber dein Scheiden macht, dass mir das Herze lacht. Winter ade. Scheiden tut weh.“
Das Reizvolle an diesem bekannten Kinderlied ist, dass es den normalen Abschiedsschmerz aufnimmt, in die Luft wirft und dann ins Gegenteil verkehrt: nein, nicht jeder Abschied tut weh!
Dennoch wissen wir, dass es meist eben doch so ist: wir trauern, wenn wir uns von Liebgewonnenem verabschieden müssen. Das können Menschen sein, die von uns gehen durch Tod oder Trennung, Orte, die wir verlassen müssen, Lebensphasen, die vorbei sind, oder auch Freude, Hoffnung oder ein Lebenssinn, wie bei einer Depression.
Wie also gehen wir mit einem Abschied um? Wir alle kennen das Wort „Trauerarbeit“, aber was genau bedeutet das?
Sie sind mittlerweile schon geübt in diesen Dingen, Sie werden ahnen, was kommt: nehmen Sie das, was war, liebevoll in den Blick (ja, ich weiß, das tut ein bisschen weh, aber anders geht es nicht, leider). Bedanken Sie sich für all das Gute, das Sie gemeinsam erlebt haben, und atmen Sie dabei.
Dann betrachten Sie auch das weniger Gute und Unangenehme, das mit der Situation verbunden war, und atmen Sie auch damit eine Weile.
Und dann: lassen Sie los. Schauen Sie zu, wie das, was vorbei war, sich von Ihnen entfernt, lassen Sie es davonschwimmen, -rinnen, -fliegen, … (was Ihrer Phantasie am ehesten entspricht).
Im nächsten Schritt wenden Sie sich nun der neuen Aufgabe zu, die vor Ihnen liegt. Es gibt immer etwas Neues, wenn eine Phase zu Ende geht, und die zu entdecken und gut zu meistern ist jetzt Ihr Auftrag. Denn denken Sie daran: alles, was Ihnen jetzt neu und fremd vorkommt, ist das, wovon Sie sich später auch wieder einmal schweren Herzens verabschieden müssen!
(Noch ein Wort zu Depressionen: das ist eine Krankheit, die nicht so einfach „mal kurz weggeht“ – wenn Sie darunter leiden, bitte holen Sie sich professionelle Hilfe bei Ihrer PsychiaterIn oder PsychotherapeutIn!)
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Experiment 9: Abschied proben
Meine heutige Einladung ist nicht ganz einfach, aber sehr effektiv: finden Sie in Ihrer Wohnung eine Sache, die Sie nicht mehr brauchen, mit der Sie aber Gefühle verbinden, die Sie bisher daran gehindert haben, sie wegzugeben.
Gehen Sie nun die oben genannten Schritte durch: denken Sie an das Gute – atmen Sie. Denken Sie an das Schwierige – atmen Sie. Verabschieden Sie sich von dieser Sache, lassen Sie sie innerlich los.
Dann geben Sie das Ding weg: verschenken Sie es, geben Sie es zur Caritas, werfen Sie es weg.
Nur 1 Sache – Sie schaffen das! Und lernen dabei mehr als wenn Sie nur „entrümpeln“: Sie verabschieden sich davon!

Sommerreihe 2018: nach Lust und Laune 8: B wie Begeisterung

20. August 2018
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B wie Begeisterung

Letzte Woche war ein unangenehmes Gefühl dran, diesmal nehmen wir ein angenehmes: Begeisterung, Freude, Glück. Wie jedes andere starke Gefühl vergeht (leider, in diesem Fall) auch dieses ziemlich bald wieder: oft sind wir von etwas begeistert, aber in den „Mühen der Ebene“ vergeht die Freude an der Sache dann wieder.
Wenn wir uns die Begeisterung für eine Sache oder einen Menschen erhalten wollen, dann müssen wir „den Dino füttern“. Sie wissen inzwischen, wie das geht: am besten mit Sätzen wie „du bist immer so lieb zu mir“ oder „diese Sache ist mir einfach nie zu viel, weil sie mir immer so viel Freude macht“. Weil wir diese Gefühle schätzen, müssen wir sie umsorgen wie wir ein Haustier versorgen würden: regelmäßig füttern, gelegentlich den Mist wegräumen, und wenn es ihm nicht gut geht, mal auch professionelle Hilfe holen, damit es wieder gesund wird. Auf diese Weise bleiben auch die schönen Gefühle wie Begeisterung länger bei uns.
Es wird sich natürlich nicht ganz umgehen lassen, dass die auch die guten Gefühle einmal Pause machen, aber dann gilt auch wieder dasselbe wie für jede unserer Launen: in Verhandlungen treten. Wenn man keine Lust hat, sich für eine Sache einzusetzen, die einem im Grunde Freude macht, dann gilt es, Deals auszumachen: „ich mache das nur für eine Viertelstunde, dann mache ich eine Pause und setze ich mich  danach noch einmal eine Zeitlang hin“ oder „gut, im Moment ist die Begeisterung für diesen Menschen nicht so besonders, weil es etwas mühsam zwischen uns ist, aber ich weiß, dass es sich auszahlt, weil ich den Menschen im Grunde sehr mag, nur jetzt ist gerade eine Durststrecke.“
Wenn wir den Dino lang genug füttern, kommt er wieder zurück. Wenn wir in eine Sache Zeit und Aufwand investieren, wird sich das lohnen. Denn auch die guten Gefühle verschwinden, wenn wir nichts für sie tun, und das ist dann oft schade.
Und nicht notwendig.
Sie wissen, was Sie tun können.
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Experiment 7:
die Begeisterung versorgen
 
Ich lade Sie ein, sich hinzusetzen und zu überlegen, wofür Ihr Herz brennt oder gebrannt hat.
Falls es das noch immer tut: ausgesprochen fein.
Falls es aber eher im Abglühen ist: fachen Sie es noch einmal an! Machen Sie kleine Schritte bei den Dingen, die Sie begeistert haben, setzen Sie kleine Aktionen, die Sie nicht überfordern, aber dennoch die Sache weiterbringen: eine Viertelstunde das Buch schreiben, das Sie immer schon schreiben wollten, ein Spaziergang mit dem Menschen, den Sie so schätzen, eine Freundlichkeit hier, ein Einsatz dort.
Und freuen Sie sich daran, wie Ihr Haustier, das Sie schon fast für verendet gehalten haben, langsam wieder zum Leben erwacht!

Sommerreihe 2018: nach Lust und Laune 7: A wie Angst

13. August 2018

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A wie Angst

 

Wenden wir uns nun im 2. Teil einigen speziellen Launen zu, und beginnen wir bei der Angst. Angst ist sicherlich ein sehr unangenehmes Gefühl, aber es ist auch dasjenige, das uns am Leben und gesund erhält. Stellen Sie sich nur einmal vor, wir hätten keine Angst vor den gefährlichen Dingen – das wäre wirklich lebensgefährlich!
Allerdings übertreibt die Angst auch gelegentlich: nicht alles, wovor man sich fürchtet, ist auch wirklich bedrohlich! Um nun das Gefährliche vom Ungefährlichen zu unterscheiden brauchen wir unsere Vernunft, das kann der Gefühlsteil des Gehirns nicht leisten. Wir dürfen herausfinden, was die Vernunft zu einer Situation sagt (Risikoabschätzung, Gefahrenbeurteilung), das ist wichtig für eine ordentliche und sinnvolle Verhandlung, wie ich Sie Ihnen letzte Woche vorgestellt habe.
Dann machen Sie es so, wie Sie es schon geübt haben: erst einmal atmen und warten (und dabei den Angst-Dino nicht füttern), indem Sie sich sagen: Ich habe gerade jetzt vor dieser speziellen Sache Angst. Atmen und warten Sie, bis das Gefühl der Bedrohung kleiner geworden ist. Und dann gehen Sie in Verhandlungen: „Es fühlt sich gefährlich an, UND meine Vernunft teilt mir mit, dass es durchaus Menschen gibt, die so eine Situation schon unbeschadet überlebt haben.“
Wenn es Ihnen gelingt, ist es immer eine gute Ideen, das mit einer Prise Humor zu spicken, in der Sie den „Dino“ mit einem Augenzwinkern zulächeln. (Wenn ich zB alleine in einem See schwimme, ist mir manchmal unheimlich, wenn die Fische springen, dann beruhige ich mich mit der Tatsache, dass mir wenig Angriffe von Kampf- oder Killerkarpfen in österreichischen Seen bekannt sind.)
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Experiment 7: die Angst beruhigen
Gehen Sie mit Ihren Ängsten freundlich um, die wollen Ihnen nur Ihr Leben oder Ihre Gesundheit sichern, aber erlauben Sie ihnen trotzdem nicht, die „Weltherrschaft zu erlangen“. Die Angst will nämlich gerne JEDES Risiko ausschließen, aber  das kann nicht gelingen, denn Leben ist schon einmal lebensgefährlich. Das Ziel kann nur sein, ein vertretbares Risiko einzugehen und nicht JEDES zu vermeiden.
Alle Menschen sterben erst an ihrem letzten Tag und keinen Tag früher! Das bedeutet: die meisten Tage unseres Lebens beenden wir durchaus lebendig. Nehmen Sie sich also freundlich in den Arm, wenn Sie sich das nächste Mal fürchten und geben Sie der Angst einen Platz, aber nicht mehr, als ihr hier und heute zusteht!

Sommerreihe 2018: nach Lust und Laune 6: Seelen-Diplomatie

6. August 2018
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Seelen-Diplomatie
Wenn wir in den letzten Wochen gehört haben, dass wir keine Chance gegen unsere Gefühle haben, dass wir weder steuern können, wann sie auftreten noch was sie herbeilockt sondern höchstens, wie lange sie bleiben, dann lässt uns das vielleicht etwas ratlos zurück.
Deshalb heute die gute Nachricht: wir können sehr wohl mit unseren Gefühlen verhandeln! Nur eben nicht, wenn sie uns wie eine Welle überschwemmen wollen. Nur die starken, heftigen Emotionen sind Dinosaurier, die anderen sind durchaus zu Verhandlungen bereit.
Dabei muss man aber immer die Grundbegriffe der Diplomatie im Auge behalten: erst einmal beide Seiten verstehen und ihnen Recht geben. Denn die Angst hat dasselbe Recht, in mir aufzutreten wie die Vernunft, die sagt, dass es keineswegs lebensbedrohlich ist, in der Firma einmal Nein zu sagen.
Also: es gibt diese beiden Seiten in mir, die beide Recht haben, und es gibt eine innere BeobachterIn oder VermittlerIn oder RichterIn, die dann alles aushandelt: „Okay, heute schlafen wir aus, dafür stehen wir morgen ganz früh auf und arbeiten die liegengebliebenenen Dinge auf.“ Oder: „Ich versehe prinzipiell, dass ich mir Sorgen mache und erlaube mir das auch, daher kontrolliere ich die Türe noch einmal, aber nach diesem Mal ist es dann Schluss damit und ich glaube mir, dass ich zugesperrt habe.“
Wichtig dabei ist, diesen Verspechen gegeben absolut verlässlich zu sein, damit sich beide Seiten auf diese Deals einlassen und darauf vertrauen können, dass sie ihren Teil auch tatsächlich bekommen. Sonst werden wir vor uns selbst unglaubwürdig, und das wäre schlecht.
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Experiment 6:
Verhandlungsposition
Bitte versuchen Sie diese Woche, solche Verhandlungen mit sich selbst zu führen und sich auch an die Abmachung zu halten, die Sie eingegangen sind. Nehmen Sie beide Seiten ernst und entwerten Sie keine der beiden, sonst kommen Sie nie in eine gute Verhandlungsposition! Viel Spaß bei der inneren Diplomatie, die Sie hier üben!